Frau Komachi empfiehlt ein Buch. Roman. Michiko Aoyama. Rowohlt

«Wonach suchen Sie?» Diese Frage stellt Sayuri Komachi den Besuchern in ihrer kleinen Gemeindebibliothek in Tokio, wenn sie spürt: sie ist gefragt. Treffsicher empfiehlt sie Bücher, in denen suchende Menschen eine Antwort finden: die Verkäuferin, die mit ihrem Job hadert, der schüchterne Buchhalter, der von einem eigenen Geschäft träumt, oder die frischgebackene Mutter, die in Japan im Job traditionell nicht mehr gern gesehen ist. Fau Komachis überraschende Buchempfehlungen bringen Dinge in Gang. Ich habe dieses leichte Buch auf meiner Japanreise mit Vergnügen gelesen. 

Das achte Leben. Nino Haratischwili. Roman. Ullstein.

Dieses Buch ist das Beste, was ich seit langem gelesen habe. Mein lieber Scholli, wenn man die ersten 80 Seiten geschafft hat, ist man dem Werk verfallen und sehr froh darüber, dass der Roman (Taschenbuch) 1275 Seiten hat. Es handelt sich um eine georgische Familiensaga, die im Jahr 1900 beginnt und bis ins Jahr 2007 reicht. Mit der Geburt Stasias, Tochter eines angesehen Schokoladenfabrikanten beginnt die Geschichte – über sechs Generationen. Christine, ihre bildschöne Schwester bekommt den Fluch der Schönheit zu spüren (schockierende Szenen, ich werde hier nichts spoilern). Einfach selbst lesen. Mich hat dieser Roman auch dazu gebracht, mir Dokumentationen über Georgien anzuschauen. Ein Gefühl dafür zu bekommen, was eine kommunistische Diktatur mit Menschen macht und wie schwer der Weg für ein Land in Richtung Demokratie ist. Heute herrscht in Georgien eine parlamentarische Demokratie – mit demokratischen Defiziten.

So weit der Fluss uns trägt. Roman. Shelley Read. C. Bertelsmann

Die 17-jährige Victoria lebt mit ihrem Vater und ihrem Bruder auf einer Pfirsichfarm am Fuße der Berge Colorados. Sie fällt als einzige Frau in die traditionelle Rolle der Hausfrau und wird wenig beachtet. Als sie sich in den Latino Wil verliebt, ist das beschauliche Leben zuende, denn er wird nicht akzeptiert und zum Hassobjekt von Bruder Seth. Ein Pageturner, den man am liebsten nicht aus den Händen legen möchte.

Das Leben ist ein vorübergehender Zustand. Gabriele von Arnim. Rowohlt. 

Es ist die wahre Geschichte von Gabriele von Arnim. Sie will sich von ihrem Mann trennen, sagt es ihm – noch ein wenig durch die Blume - da bekommt sie etwas später einen Anruf von der Charité, Notaufnahme. Ihr Mann sei zusammengebrochen. Ein Schlaganfall (von dem er sich auch nicht mehr erholen wird). Der angesehene, beliebte Mann der Tat wird von einem Tag auf den anderen abhängig. 

Die Autorin wird zu seiner Pflegerin. Zehn lange Jahre lang. Macht einiges falsch, das meiste richtig. „Ratlos sitzt man mit der Vergangenheit und der Zukunft auf der schmalen Bank namens Jetzt.“

Sie nimmt die Leser mit auf ihre Reise, wenn sich Freunde rarmachen, weil sie mit Krankheit nicht umgehen können. Wie man selbst weiterleben kann, wenn der Partner an den Rollstuhl gefesselt ist. „Dabei findet sie Lebendigkeit gerade als reinste Zumutung, zärtliche Paare sind ihr unangenehm, lachende findet sie fast obszön."
Diese Gefühle genauso ausdrücken zu können, ohne sich ihnen auszuliefern, machen das Buch von Gabriele von Arnim so wertvoll.


Pferdemenschen. Geschichten aus dem Leben. Sabine Maurer. Scholastika Verlag

Ein inspirierendes und unterhaltsames Buch mit Kurzgeschichten rund um Pferde und ihre Besitzer. Die Autorin beleuchtet die Frage: Was macht die Faszination für diese Tiere aus? Und sie erzählt unglaubliche Geschichten, z.B. dass es in Frankfurt im Jahr 2019 tatsächlich möglich war, dass die Schimmelstute Jenny sich - bis sie 2022 starb - ganz alleine durch den Ort grasen durfte. Allein das finde ich in dem überregulierten Deutschland eine gute Nachricht. 
Auch die anderen Geschichten habe ich gerne gelesen und Neues gelernt. 
Hier der Link zum Youtube-Film "Jenny the horse".